Die Edle Burg und Ihre Hexe oder heute
Die1. Edelburg – Hexa
Sagenumwobene Mythen und Legenden ranken sich um die edle Burg, deren Ruine heute nur noch als Edelburg bekannt ist – und um ihre Hexe.
Doch in jeder Legende, in jedem Mythos steckt bekanntlich immer ein wahrer Kern.
Es begab sich also im dunklen Mittelalter, zu einer nicht mehr nachvollziehbaren Jahreszahl, dass sich Folgendes ereignete:
Die Gärtringer, stolze Bürger ihrer Gemeinde und ein angesehenes Völklein, waren schon immer darauf bedacht, das blühende Erscheinungsbild ihres Ortes zu bewahren. Sie sorgten für Prunk und Glanz, der wie ein Leuchtfeuer im ganzen Gäu strahlen sollte. Mit Fleiß und Kraft hielten sie dieses Licht am Leben.
Doch als die Zeiten dunkler wurden, der Handel nachließ und die Gemeinde stiller wurde, suchten die hohen und angesehenen Herren nach einem Ausweg aus der Krise.
Schließlich fasste man einen Plan: Man wollte sich vom edlen Herrn der Burg Geld leihen, um die Wirtschaft anzukurbeln und das Strahlen Gärtringens wiederherzustellen.
Gesagt, getan.
Man war sich einig – schließlich waren sie keine Bettler. Sie hatten Sicherheiten zu bieten, allen voran den Stadtwald. So wurde vereinbart, dass der Wald als Pfand dienen sollte, falls das Darlehen nicht rechtzeitig zurückgezahlt werden konnte. Der Vertrag wurde unterzeichnet, und alle waren zufrieden. Vorerst.
Doch das Geld brachte keine besseren Zeiten. Die Tage blieben düster, und die Frist zur Rückzahlung verstrich ungenutzt.
In ihrer Not versammelten sich die Herren der Gemeinde und suchten nach einer Lösung. Am letzten Tag der Frist fassten sie sich ein Herz, gingen zur Burg und hofften, um einen Aufschub bitten zu können.
Doch nicht der Burgherr, sondern seine edle Gemahlin gewährte ihnen Einlass. Sie nahm sich ihrer an, erklärte jedoch, dass sie sich in die Geschäfte ihres Mannes nicht einmischen könne. Er sei jedoch bald zurück.
Sie bot den Gärtringern an, in der Burg auf ihn zu warten, und ließ es ihnen an nichts fehlen. Wein und Speisen wurden in Fülle aufgetragen – gastfreundlich und selbstlos, wie es schien.
Im Dämmerlicht des lieblichen, süßen Weines merkten die Herren nicht, wie die Zeit verstrich. Die Edle wusste mit ihrer gekonnten Art geschickt dafür zu sorgen, dass sie ihren Geschichten und Ausschweifungen erlagen.
Doch plötzlich erklang der Glockenschlag der zwölften Stunde und riss sie aus ihrer Trance. Mit dem letzten Schlag stand auch der Burgherr im Raum.
„Schert euch heim! Der Wald ist mein!“
Seine Worte hallten durch die große Halle. Den Gärtringern gefror das Blut in den Adern. Mit einem Mal wurde ihnen klar, wie man sie hinters Licht geführt hatte.
Gesenkten Hauptes verließen sie die Burg und machten sich auf den Heimweg. Noch unterwegs fielen die ersten Worte:
„Die Hexe der edlen Burg…“
„Sie hat uns verzaubert, damit wir nicht bemerken, wie man uns hinters Licht führt…“
So trugen sie diese Geschichte nach Gärtringen und rechtfertigten sich vor den anderen: Sie seien nicht selbst schuld – sie seien verhext worden.
Die Jahre vergingen, doch die Hexe blieb in den Köpfen der Gärtringer. Sie verteufelten sie.
Wann immer etwas im Wald geschah, wurde es der Hexe der Edelburg zugeschrieben.
Die Burg verfiel Stein um Stein, doch die Legende der Hexe wuchs weiter – Wort für Wort, Satz für Satz.
Noch heute erzählt man sich, dass sich die Hexe mit ihrer Burg aus den Nebelschwaden des Dämmerlichts erhebt, ehrbare Wanderer und Kaufleute mit ihren Flüchen belegt und sie in die Burg lockt – von wo sie nie wieder lebend zurückkehren. Man fand weder Stock noch Hut, nicht einmal ihre Gebeine.
Damit alle wissen, wie viel Wahrheit in einer jeden Legende steckt, werden sich vom heutigen Tage an die Hexen der Edelburg …
Die Edelburg-Hexa
… jedes Jahr zur fünften Jahreszeit aus ihrer Burg erheben. Sie werden die braven Bürger und Bürgerinnen an die Geschehnisse vergangener Tage erinnern, sie mahnen – und die Unvorsichtigen in ihren Bann ziehen.